Die Entwicklung. Verschlossene Etappe. Die ersten Flamencosänger

Neben den Schlüsseln, die Literaturgeschichte zum Studieren der Herkunft des Flamenco dargeboten hat, gibt es noch unbestätigte Hinweise darauf, dass es sehr alte Flamenco-Interpreten gab. Man kann die Nennung einer Person nicht umgehen, von der man lange Zeit geglaubt hat, er sei der erste Sänger in der Geschichte des Flamenco gewesen: Tío Luis de la Juliana aus Jerez, ein Name, der in der frühen Flamencologie viele Konflikte hervorgerufen hat, denn über seine Biographie ist man sich uneins. Heute ist diese Diskussion ohne jegliche Bedeutung, denn man hat bis heute nicht beweisen können, dass er überhaupt gelebt hat.

Von denen man jedoch sehrwohl weiß, dass sie gelebt haben, sind die ersten Künstler des 18. Jh. aus Triana, das zusammen mit Jerez und Cádiz eine Enklave bildet in der der Flamenco seinen folkloristi schen Ausdruck verliert, um zur Kunst zu werden. Es müssen Sänger wie beispielsweise El Planeta zitiert werden, der, obwohl wahrscheinlich in der Bucht von Cádiz zur Welt gekommen, möglicherweise in Puerto Real, seine Kunst in der Peripherie Sevillas entwickelte, wo er Seguiriyas aus eigener Kreation und Tonás sang. Sein wichtigster Schüler war El Fillo, ein ebenfalls aus Cádiz stammender Zigeuner, der eine Liebesbeziehung zu der wesentlich jüngeren Andonda unterhielt. Wahrscheinlich war sie die erste Frau, die Soleá gesungen hat, obwohl es in Triana noch andere Sängerfamilien gab, so die Pelaos und die Cagancho, denen man diesen Stil zuschreiben könnte.

Die Soleás entstanden zunächst als Tanzlieder, bis die Töpfer dieses Stadtteils von Sevilla andere Stile ohne bestimmten Takt hervorbrachten. Zu dieser Zeit wurden auch Romances und Martinetes gesungen, in der Toná verwurzelte Stile. Parallel dazu entwickelten sich in Jerez wichtige Flamenco-Zentren. In die Geschichte eingegangen sind Paco la Luz, sagenhafter Seguiriya Sänger, von dem fast alle großen Sänger aus Jerez abstammen, und auch el Loco Mateo, Manuel Molina, Diego el Marrurro, Joaquín Lacherna oder Mercé la Serneta, der später nach Utrera ging. In der Bucht von Cádiz gehen el Ciego la Peña, Curro Durse, Enrique El Gordo und Enrique Jiménez Fernández, "El Mellizo".

Diese sogenannte hermetische Epoche (laut Ricardo Molina Tenor und Antonio Mairena in ihrem Buch 'Mundo y formas del cante flamenco') jedoch, ist für die Forscher noch immer eine große Unbekannte, denn es gibt nur sehr wenige geschriebene Dokumente, die Licht ins Dunkel bringen. Wenig später hingegen würde sich alles ändern. Das Erbe, das ein Junge namens Silverio Franconetti von El Fillo in Morón de la Frontera erhalten sollte war der Schlüssel für die Zukunft eines Genres, das bis dahin nur die privaten Feste kannte.

Der Wettbewerb von 1922 in Granada

Als tatsächlich die Profis des Tanzes, der Musik und des Gesangs hervorkommen, fürchten einige der Generación del 27 nahestehende Intellektuelle 'lo puro' (das Reine) könnte verloren gehen. Maestros wie Manuel de Falla oder Federico García Lorca haben apokalyptische Visionen bezüglich des Flamenco. Für sie ist der Flamenco eine Kunst des Volkes, auf die andalusische Minderheit reduziert und kein kommerzieller Stil. Aus der Angst davor, die sogenannte 'pureza' (Reinheit) zu verlieren, entsteht 1922 in Granada ein Flamenco-Wettbewerb für Gesang. Einzige Teilnahmebedingung: ein Unbekannter sein, jemand aus dem Volk und keine bereits bekannte Figur aus den 'Cafés Cantantes'. Der aus Morón stammende und in Puente Genil lebende Diego Bermúdez Cala, 'El Tenazas' ging als Sieger hervor. Ein 13jähriger Junge namens Manuel Ortega Juárez erhielt eine Auszeichnung, er wurde später zum berühmten Manolo Caracol.

Die Versuche der Veranstalter, den Flamenco dem Volk zurückzugeben, gediehen jedoch nicht. Das Genre wurde immer stärker von Profis beherrscht und die 'aficionados' (Amateure) wurden Zeugen einer Revolution von den 'discos de pizarra' angefacht.

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